
Es gibt immer eine Handlungsmöglichkeit
Ein Ort, in dem Vertrauen wachsen darf


Was zeichnet euch als Institution aus?
Das Schulinternat «Heimgarten» ist etwas weg vom Schuss. Wir sind zwischen Bülach und Eglisau angesiedelt. Dort haben wir alles auf einem Areal, was gut ist, denn wir haben keinen ÖV-Anschluss. Bei uns gibt es eine Schule, die fünf Wohngruppen, das Haupthaus, eine Turnhalle, einen Garten und vieles mehr. Hinter uns ist der Wald, vor uns der Rhein. Eigentlich sehr idyllisch.
Es müssen immer zwei Indikatoren gegeben sein: zuhause und in der Schule muss es Auffälligkeiten gegeben haben. Dann kann der Eintritt bei uns freiwillig oder durch eine Zuweisung erfolgen. Was aktuell besonders ist: Wir haben ausschliesslich Buben in unseren Wohngruppen. Nicht weil wir Mädchen kategorisch ausschliessen, das hat sich einfach so ergeben. Es müssten gleich zwei Mädchen im ähnlichen Alter eintreten, damit sich das ändern könnte.

Wie ist das so, nur Buben zu begleiten, vor allem als Frau?

Linda: Ich bin nur mit Mädchen aufgewachsen und da finde ich es sehr spannend, die Dynamiken zwischen den Buben zu beobachten. Am besten gefällt mir, dass man sich mit ihnen streiten kann und danach gleich wieder alles gut ist. Da sind Mädchen manchmal nachtragender. Natürlich gibt es dann aber auch wieder Situationen, die Überwindung kosten. Zum Beispiel, wenn ich die Kinder und Jugendlichen morgens wecken muss. Dann trete ich in ihren privaten Raum ein. Am Anfang war das etwas komisch für mich, heute ist das ganz normal.

Apropos «am Anfang« - Erinnert ihr euch an euren ersten Tag?
Leon: An meinem ersten Tag war ich direkt mittendrin und nahm am Gruppenlager teil. Daran habe ich sehr positive Erinnerungen. Ich habe mich im Team sofort gut aufgehoben gefühlt und konnte alle Kinder und Jugendlichen auf einmal kennenlernen. Das Team ist inzwischen zur Familie geworden. Wir unterstützen uns und wir sind füreinander da.
Linda: Ich habe als Praktikantin angefangen. An meinen ersten Tag erinnere ich mich aber nicht mehr ganz genau. Ich weiss noch, dass ich mich zuerst etwas unsicher gefühlt habe, ich aber wusste, dass das Team hinter mir steht. Auch die Kinder und Jugendlichen haben mich gut aufgenommen. Jetzt bin ich nicht mehr Praktikantin, sondern in Ausbildung. Dementsprechend fühle ich mich jetzt auch viel sicherer.
Tanja: Ich bin als Teamleiterin gekommen und war zu Beginn völlig überfordert. «Was mache ich hier?» und «Hoffentlich ist es gleich vorbei» waren meine Gedanken in der ersten Teamsitzung. Es hat etwas gedauert, meinen Platz zu finden und Vertrauen zu allen zu fassen. Jetzt ist es aber richtig gut, gerade im Team. Wir sind richtig zusammengewachsen.

Welcher Gegenstand erinnert euch symbolisch an eure Arbeit?

Leon: Für mich ist es Ton. Ein Material, das man immer wieder neu formen kann. Das bedeutet für mich, dass man flexibel ist, aufeinander zugehen kann und immer was verändern kann.
Linda: Bei mir ist es das Schlüsselband. Das hat mir mein Bezugskind gebastelt, als es gesehen hat, dass mein altes Band kaputt gegangen ist. Das fand ich sehr schön.
Tanja: Ich denke an den Stressreduktionsball, der eigentlich immer bei uns im Büro steht und mit dem alle spielen, egal ob jung oder alt. Für mich symbolisiert es das «aus der Komfortzone locken».
Leon (Ton): Aufzuzeigen, dass es immer eine Handlungsmöglichkeit gibt und Menschen, die einen dabei unterstützen. Man kann den Ton immer wieder neu formen, man muss sich nur die Hände manchmal etwas schmutzig machen.
Linda (Schlüsselband): Zu erkennen, dass man anderen Gutes tut, auch wenn man selbst dafür nichts zurückbekommt. Diese Empathie, aufeinander zuzugehen, würde ich gerne mitgeben.
Tanja (Stressreduktionsball): Sich wagen, aus der Komfortzone rauszugehen. Die Kinder und Jugendlichen haben meistens Angst, wenn sie zu uns kommen. Sie sind unsicher, aber wenn sie sich trauen, können sie mit unserer Hilfe eine neue Welt kennenlernen.